hallo! LEIPZIG  ·  v. 19.07.2003

wohnzeit, Nr. 3/2007

In Leipzig gibt es viele Stellen, die im 2. Weltkrieg oder während der DDR-Zeit zerstört worden sind. Nur wenige sind von kulturhistorischer Bedeutung. Beim Johannisplatz ist das anders. Hier stand seit dem Mittelalter eine Kirche. Was kaum noch jemand weiß, bis ins 19. Jahrhundert wurden auf dem angrenzenden Friedhof Persönlichkeiten wie Johann Sebastian Bach und Christian Fürchtegott Gellert bestattet. Nach der Zerstörung der Kirche wurden 1949 Bach in die Thomas- und Gellert in die Paulinerkirche umgebettet. Heute erinnert nur ein unscheinbares Holzkreuz an die Kirche und ihren Barockturm, der am 9. Mai 1963 mit 52 Kilogramm Dynamit in die Luft gesprengt wurde.

Historiker Dr. Werner Marx findet, dass hier Unrecht geschehen ist. Er hat monatelang im Stadtarchiv geforscht und viel Bedeutendes über den Turm herausgfunden. Zusammen mit dem Bürgerverein Johanniskirchturm i. G. möchte er deshalb eine originalgetreue Kopie des Barockturms wieder aufbauen. »Jedes Jahr strömen Touristen nur wegen Bach nach Leipzig«, weiß Werner Marx, der auch als Stadtführer arbeitet. »Ich glaube, dass es sie gewiss interessieren würde, wo der Thomaskantor 200 Jahre lang begraben war«, erzählt er weiter.

Außerdem, so begründet der gebürtige Leipziger, sei der Turm auch aus städtebaulicher Sicht bedeutsam. Nicht nur, dass sein architektonischer Wert unter Fachleuten unbestritten ist, auch Höhe und Breite des Grassimuseums wurden Mitte der 20-er auf den Johanniskirchturm abgestimmt.

Ob die Stadt das Vorhaben des Vereins unterstützt, ist noch nicht geklärt. Sicher ist, dass der CDU-Stadtrat hinter dem Vorhaben steht. Mut macht Werner Marx auch ein Beschluss der Ratsversammlung 2002, in dem es heißt: »Bis zum .Jubiläum ›600 Jahre Universität Leipzig‹ im Jahr 2009 erfolgt eine würdige Gestaltung der Achse Universität / Augustusplatz – Johannisplatz – Grassimuseum mit dem Schwerpunkt einer Neugestaltung des Johannisplatzes.«

Weiter steht dort, dass der Turm vorzugsweise in seiner alten Form wiederaufgebaut werden soll. Alternativ wäre nach dem Beschluss auch eine moderne Variante möglich. Letzteres will der Verein verhindern.

Worüber die Befürworter des Wiederaufbaus aber froh sind, ist der im Juni ausgelobte Architekturwettbewerb zur Platzgestaltung. In den Entwürfen werden der Eingangsbereich des Grassimuseums und der Johannisplatz nicht mehr durch eine Straße getrennt. Allerdings wird auch hier der Turm noch nicht berücksichtigt.