Ausgabe v. 06.06.2008

wohnzeit, Nr. 3/2007

Der zweite Weltkrieg und bauliche Prämissen in der DDR hatten das Bild Leipzigs stark verändert. Besonders der Leipziger Johannis­platz, welcher oft als Tor zur Ostvorstadt bezeichnet wurde und einer der Verkehrsknotenpunkte war, verlor durch diese beiden Ereignisse zunächst seine städtebauliche Funktion und Bedeutung. Vor 45 Jahren versank der Johanniskirchturm, markanter Blickpunkt aus Richtung Augustusplatz, in Schutt und Asche. Mit der Sprengung am 9. Mai 1963 hatte die städte­bauliche Einheit von Johanniskirche und Grassimuseum end­gültig aufgehört zu existieren.

Der Johanniskirchturm war zwischen 1746 und 1748 erbaut worden und sollte Leipzigs einziger barocker Kirchturm bleiben. Die Geschichte der Johanniskirche reicht jedoch bis zum Jahr 1305 zurück. Das seit 1585 bestehende spätgotische Kirchen­schiff wurde zwischen 1894 und 1897 durch einen Neubau im Stil des Neobarocks ersetzt. In einer extra unter dem östlichen Kirchenschiff geschaffenen Gruft ruhten seit 1900 in zwei Sar­ko­phagen die sterblichen Überreste von Johann Sebastian Bach und Christian Fürchtegott Gellert.

Bach selbst wurde zuvor auf dem alten Johannisfriedhof bei­gesetzt. In der Bombennacht vom 4. Dezember 1943 wurde die Johanniskirche schwer zerstört und deren Reste 1949 ab­ge­tra­gen. Die Gebeine Bachs kamen in die Thomaskirche, die Gellerts in die Universitätskirche. Der Kirchturm blieb jedoch erhalten und wurde 1956 zunächst in Teilen saniert.

Die Beseitigung des Johanniskirchturms sollte nur der Auftakt für eine Reihe von Sprengungen sein, denen unter anderem das Augusteum der Leipziger Universität und die Paulinerkirche zum Opfer fielen. Der Verein Johanniskirchturm Leipzig engagiert sich seit 2003 für den Wiederaufbau des Kirchturms als Stätte der Er­in­ne­rung. Darüber hinaus geht es auch darum, das gesamte Areal des Johannisplatzes künftig wieder verstärkt dem his­to­rischen Erscheinungsbild anzupassen.