Ausgabe v. 07.11.2014

LVZ v. 07.11.2014

»Soli-Deo-Gloria« – »Gott allein zur Ehre«. Diese Worte sind deutlich an einer Wand der Bach-Gellert-Gruft zu lesen. Bei einer Probegrabung, die der Verein Johanniskirchturm auf der Grünfläche vor dem Grassi-Museum am Johanniskirchturm initiierte, wurde gestern ein Teil der Wand freigelegt. »Damit ist der Beweis angetreten, dass die Gruft noch in einem relativ gute Zustand existiert«, so Vorstandsmitglied Christian Jonas vom Verein. Wie berichtet, hat dieser bereits im Oktober 2010 geoelektrische Messungen vorgenommen, um Lage und eventuell Zustand der Gruft näher zu erkunden. Wie intakt die Mauern wirklich sind, konnte bislang allerdings nur vermutet werden (die LVZ berichtete). »Der Aufwand hat sich gelohnt«, freut sich Johannes Hähle, der ebenfalls seit Jahren dafür kämpft, in geeigneter Form an die Johanniskirche und die Bach-Gellert Gruft zu erinnern.

Die Johanniskirche brannte beim Bombenangriff auf Leipzig am 4. Dezember 1943 aus. Dadurch liegt es nahe, dass die Reste des Gotteshauses 1949 gleich an Ort und Stelle verfüllt worden waren. Der barocke Turm blieb aber stehen, wurde 1956 zunächst sogar restauriert. Er sollte Teil eines geplanten Bach-Mausoleums werden. Doch es kam anders: Der Turm, von den damals Mächtigen als »hohler Zahn« diffamiert, wurde am 9. Mai 1963 gesprengt. Bachs Gebeine waren bereits 1949 in die Thomaskirche gebracht worden. Gellert, dessen 300. Geburtstag 2015 ansteht, liegt heute auf dem Südfriedhof begraben. Derzeit steht auf dem Platz ein Holzkreuz, um an das verschwundene Gotteshaus zu erinnern.

Seine ursprüngliche Idee, den Barockturm als Kopie wiederzuerrichten, hat der Verein zwar noch nicht gänzlich aufgegeben. Momentan konzentriert er sich aber darauf, den Johannisplatz als geschichtsträchtiges Areal und Eingang zur Ostvorstadt wieder ins Bewusstsein zu rücken. Im Auftrag des Amtes für Stadtgrün und Gewässer erarbeitete Architekt Heinz-Jürgen Böhme bereits eine Gestaltungskonzeption. Geplant ist, das ehemalige Grab von Johann Sebastian Bach und seiner Frau Anna Magdalena sowie die Gruft zu markieren und am Steinsockel an der Grünfläche Erläuterungstafeln anzubringen. Was passiert aber nun mit der freigelegten Wand der Gruft?

»Wir sichern das Areal mit Zäunen, damit interessierte Leipziger es sich ansehen können«, sagt Jonas. Wahrscheinlich bis Jahresende. Weitere Ausgrabungen sind vorerst aber nicht möglich. Anschließend wird alles wieder zugeschüttet. »Auf einem Workshop möchten wir gern öffentlich diskutieren, wie wir mit der Bach-Gellert-Gruft künftig umgehen«, so Hähle. Wer Ideen hat und helfen möchte, kann sich beim Verein melden. Denkbar wäre es, die Gruft komplett freizulegen und eventuell über eine Treppe begehbar zu machen – aber auch, sie mit einer Glasplatte abzudecken. Diese Diskussion müsse jedoch im Rathaus und Stadtrat geführt werden. Die Freilegung ist vor allem eine Frage des Geldes.

Bach ist in Leipzig zwar präsent – für Touristen könnte aber eine zusätzliche »Pilgerstätte« entstehen. Gellert, der Dichter der Aufklärung, ist im Stadtbild hingegen kaum auszumachen. Sobald die Stadt grünes Licht für das Projekt gibt, will der Verein um Spenden werben. Dazu stehen die Zeichen in Blick aufs Reformationsjahr 2017 gar nicht mal schlecht. Die Johanniskirche hat selbst da historische Bedeutung. Die Magister Stephan Schönbach und Sebastian Fröschel predigten in der Kirche 1522/23 das Evangelium im Sinne Luthers.